Zur Geschichte des J*AK Frankfurt

Jungen, unsere "Kleinen Helden in Not", wie es Schnack und Neutzling so treffend formulierten, gerieten zu einem Zeitpunkt in den Fokus pädagogischer Forschung und Auseinandersetzung, da sich ihre Probleme mit der identitätsstiftenden Frage: "Wann ist der Mann ein Mann?" (Herbert Grönemeyer) längst derart verdichtet hatten, dass einer defizitären Sichtweise auf die Träger des männlichen Geschlechts Tür und Tor geöffnet wurde.
Die "vaterlosen Generationen" (A. u. M. Mitscherlich) scheinen bis heute in denjenigen durch, die sich auf dem Weg zum Mann-Sein als überfordert und allein gelassen erleben. Väter fallen, wenn nicht durch tatsächliche so doch immer noch häufig, durch emotionale Abwesenheit auf. Dadurch entsteht ein Vakuum zwischen den Generationen, das die Entwicklung einer adäquaten männlichen Identität erschwert.

Die "antisexistische Jungenarbeit" (Heimvolkshochschule "Alte Molkerei Frille") als Reaktion auf die Offensive des Feminismus vermochte der zunehmenden Demontage der brüchig werdenden und überkommen wirkenden Männerbilder inhaltlich keine Aspekte einer neuen und befriedigenden Männlichkeit entgegen zu setzen.

Der pädagogisch notwendige Ansatz, diese komplexen Probleme mit dem Mann-Werden bzw. -Sein mit den ihm zugrunde liegenden Männlichkeitsbildern an der Basis aufzugreifen, hat in Frankfurt am Main eine lange Geschichte. Die Anfänge der Etablierung geschlechtsbezogener Jungenarbeit im Kontext der Jugendhilfepraxis gehen auf die frühen 80-er Jahre zurück. Wir finden sie dort in Form geschlechtsspezifischer Jungengruppenarbeit, die im Rahmen von Wochenseminaren mit Haupt- und Realschülern von männlichen Pädagogen in Kooperation mit den Pädagoginnen der Mädchenarbeit experimentell gestaltet wurde. Diese Seminare fanden in Zusammenarbeit zwischen Mädchentreff und Schule statt, und sie wurden vom IB- Mädchentreff Frankfurt als Geschlechtsspezifische Seminare zur beruflichen und privaten Lebensplanung angeboten.

Aus heutiger Sicht ist die Entstehung der Jungenarbeit auch – jedoch nicht nur - zu verstehen als ein Reflex auf die Mädchenarbeit und die daraus entstandene Einsicht in die Notwendigkeit einer adäquaten geschlechtsbewussten Arbeit mit Jungen.

Inzwischen ist Jungenarbeit ein eigenständiger pädagogischer Arbeitsansatz und steht heute gleichberechtigt im Dialog mit der Mädchenarbeit. Sie stimmt sich mit ihr ab, im Sinne von gegenseitiger Unterstützung und Ergänzung, mit dem Ziel mehr Geschlechterdemokratie zu erreichen. Im Jahre 1988 wurde dann der Jungenarbeitskreis als informelles Treffen von einigen Sozialarbeitern/-pädagogen aus der offenen Kinder- und Jugendarbeit gegründet. Ziel des Arbeitskreises war es sich über die Schwierigkeiten in der Arbeit mit männlichen Jugendlichen auszutauschen und über Diskussion und Herausarbeiten neuer Handlungsmöglichkeiten diese Arbeit weiterzuentwickeln.

Einen höheren organisatorischen Grad und ein höheres fachliches Niveau erreichte der Jungenarbeitskreis ab 1990 mit der Einrichtung der Geschäftsstelle des Zusammenschlusses freier Initiativen, unter deren Federführung nun regelmäßige Treffen, Fortbildungsveranstaltungen und Fachtage zu unterschiedlichen Themen der Jungenarbeit organisiert wurden. Hierdurch konnte sich die Jungenarbeit weiter ausdifferenzieren.

Nach der Schließung der Geschäftsstelle aus Kostengründen im Jahre 1996, organisierten einige engagierte Pädagogen die Arbeit des Jungenarbeitskreises als regelmäßiger Treff weiter. 1998 drohte der Arbeitskreis gar völlig auseinander zufallen, weil die Koordination der Treffen im ehrenamtlichen Rahmen nicht mehr leistbar war. Während eines vorläufigen letzten Treffens einigte mann sich jedoch 1999 - auf Initiative von Mitarbeitern aus kommunalen und in freier Trägerschaft stehenden Einrichtungen - darauf, den Jungenarbeitskreis durch Einführung einer neuen Organisationsform nach dem Prinzip verbindlicher Rotation wiederzubeleben.

"Einigkeit bestand (...) auch darin, dass der Austausch zwischen den Einrichtungen und die regelmäßige Aufarbeitung praktischer Fragen der Jungenarbeit sowohl aus pädagogischen als auch aus sozialpolitischen Erwägungen, nicht zuletzt auch im Interesse einer Qualitätssicherung (in der Jungenarbeit / Anmerkung der Verfasser) von großer Bedeutung ist." Denn ohne die gemeinsame fachliche Reflektion im stadtweiten Jungenarbeitskreis gäbe es keine qualifizierte geschlechtsbewusste Arbeit mit Jungen, die auch vom öffentlichen Träger wahrgenommen und eingeplant werden kann. Damit wurde schließlich den Fachkräften in der offenen Kinder- und Jugendarbeit erneut ein Forum geboten für den einrichtungs- und trägerübergreifenden Diskurs geschlechtsbewusster Arbeit mit männlichen Kindern und Jugendlichen.

 

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